Freitag, 10. Dezember 2010

Wikileaks-Zensur durch private Firmen

Wikileaks ist momentan auf Grund der jüngsten Enthüllungen geheimer Depeschen-Dokumente in aller Munde. Doch neben diverser Regierungen, die in den Papieren nicht gut weg kommen, versuchen nun auch private Unternehmen die Verbreitung der Dokumente zu verhindern und sich bewusst gegen Wikileaks zu richten. So schlossen beispielsweise die Finanzdienstleister Visa, Mastercard, PostFinance und PayPal Wikileaks-Spendenkonten, scheinbar um Wikileaks "mundtot" zu machen, wie ein Wikileaks-Sprecher via Twitter vermutet. Dass man über Paypal aber dem KuKluxKlan spenden oder mit seiner Visa/Mastercard in diktatorisch geführten Ländern einkaufen kann,
scheint in diesem Zusammenhang geradezu paradox.
Nicht zuletzt machte auch Twitter - als Mikroblogging-Dienst eigentlich Sinnbild der modernen Pressefreiheit - diese Woche den Anschein, in die Meinungsfreiheit bewusst einzugreifen: Obwohl Themen rund um Wikileaks dort gerade heiß diskutiert werden, erscheinen Schlagworte wie #Wikileaks nicht unter den Trend-Themen. Dies begründet Twitter allerdings mit einem Algorithmus, der angeblich lange diskutierte Themen nicht in der Trendliste erscheinen ließe.

Wenn man einen gemeinsamen Nenner der oben genannten Firmen sucht, fällt auf, dass (mit Ausnahme von PostFinance) alle ihren Unternehmenssitz in den USA haben. Dass gerade amerikanische Firmen Wikileaks boykottieren scheint kein Zufall zu sein, ist wohl vielmehr auf den Druck der US-Regierung zurückzuführen. Man kann vermuten, dass diese Konsequenzen androht für Firmen, die mit Wikileaks zusammenarbeiten. Besonders heikel finde ich daran, dass Wikileaks ja nie verurteilt wurde, und dennoch auf eine Ebene mit Terrorismus und Kinderpornografie gestellt wird. Die ganze Situation erinnert gar an die Ängste, die nach dem 11. September 2001 geschürt wurden. Wie spiegel.de berichtet, bekommen amerikanische Studenten zur Zeit gar E-Mails von ihren Universitäten, sie sollten nicht mit den Wikileaks-Dokumenten in Berührung kommen, wenn sie sich ihre Karriere nicht verbauen möchten. Hintergrund ist der Sicherheitscheck, den Berufseinsteiger ablegen müssen, wenn sie im US-Staatsdienst tätig werden möchten. Dort muss der Absolvent angeben, ob er schon einmal illegal auf Regierungsdaten zugegriffen hat.

Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen. Wir sollten uns nochmal vor Augen halten, dass es ja gar kein ordentliches Verfahren oder einen Urteilsspruch gegen Wikileaks gegeben hat, der diese Illegalität bescheinigt. Und dennoch wird von der US-Regierung alles daran gesetzt, Wikileaks zu ersticken. Soviel also zum Amendment 1 der US-amerikanischen Verfassung, in der es heißt: "Congress shall make no law [...] abridging the freedom of speech, or of the press".

Ähnlich sieht das laut winfuture.de auch die UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay: "Wenn Wikileaks illegal gehandelt habe, sollte das durch das Rechtssystem geahndet werden, nicht aber durch Druck und Einschüchterung von Seiten Dritter". Sie kritisiert damit bestimmte Aktionen, die Wikileaks von der Veröffentlichung weiterer Dokumente abhalten sollen und sieht somit das Menschenrecht auf Meinungsfreiheit verletzt.

Die zahlreichen Sympathisanten von Wikileaks lassen sich jedenfalls nicht so leicht einschüchtern. So entsteht momentan ein wahrer Cyber-Krieg, in dem diese die Webseiten der Firmen, die Wikileaks boykottieren, mit massenhaften Aufrufen zum Kollabieren bringen, Stichwort Operation Payback. Ob dies jedoch etwas bewirkt, wage ich zu bezweifeln. Dazu lassen sich die Firmen leider zu sehr von der US-Regierung einschüchtern.

Hier passt dann wohl der leicht abgewandelte Slogan: Pressefreiheit ist unbezahlbar, für alles andere gibt es Mastercard!

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