Dienstag, 14. Dezember 2010

Jugendschutz / JMStV Teil 2: ein Gesetz von C-Juristen

Wie schon im ersten Teil kurz angedeutet, sind nicht nur die potenziellen Auswirkungen auf kleine und private Homepage-Betreiber, sondern es ist auch die schlechte Ausformulierung ein großer Kritikpunkt am neuen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, kurz JMStV. (Es empfliehlt sich, zunächst den ersten Artikel zum JMStV zu lesen!)

Prof. Dr. Thomas Hoeren von der Juristischen Fakultät an der Universität Münster nimmt zum JMStV wie folgt Stellung: "[M]an wird den Verdacht nicht los, daß hier 'Legastheniker' am Werke waren, die erst nach mehrfachen Anläufen ihr Jurastudium an irgendeiner C-Universität zu Ende gebracht haben." Er spielt damit auf die teils widersprüchlichen, teils juristisch unklaren Formulierungen an und fordert, dass sich die Politik mehr Zeit lassen solle beim "Machen" von Gesetzen.

Beispielsweise scheint laut selbstaendig-im-netz.de noch nicht endgültig geklärt zu sein, ob bereits ein Bericht über Filme oder Spiele mit Altersbeschränkung zu einer Kennzeichnungspflicht führen. Im ersten Teil zum JMStV konnte der Eindruck entstehen, dass von der Altersklassifizierungspflicht nicht viele Homepages betroffen wurde. Durch obige Aussage relativiert sich jedoch diese Annahme, denn über Filme oder Computerspiele berichtet sicherlich (fast) jeder Blog und jedes Forum irgendwann einmal.

Ein weiterer Punkt ist, dass journalistische Webseiten eine Sonderbehandlung erfahren und von dieser Altersklassifizierung ausgenommen sind. Laut §5, Abs. 8 JMStV sind dies "Nachrichtensendungen, Sendungen zum politischen Zeitgeschehen im Rundfunk und vergleichbare Angebote bei Telemedien", an denen ein "berechtigtes Interesse" besteht. Hier dürfen dann - wie z.B. auf bild.de üblich - nackte Tatsachen oder Kriegsbilder dargestellt werden, ohne dass diese für Kinder und Jugendliche geblockt werden. Ob dann jedoch ein Nachrichten-Blog einer Privatperson auch ein "berechtigtes Interesse" aufweist, und solche Szenen ebenfalls darstellen darf, wird aus den Gesetzestexten nicht klar.

Gerade diese mangelnde Rechtssicherheit ist wohl Grund der aktuellen Aufregung im Internet. Erst wenn durch Gerichtsurteile mehr Sicherheit entsteht, sind wohl die tatsächlichen Auswirkungen des JMStV absehbar. Dann wird sich auch herausstellen, ob das neue Gesetz bringt, was es bringen soll: Mehr Schutz für Kinder und Jugendliche.
Doch bis die Kennzeichnungspflicht ihren erhofften Nutzen bringt, ist sie meines Erachtens durch unklare Gesetzgebung eine Gefahr für Informations- und Meinungsfreiheit.

Ich werde Sie hier auf dem Laufenden halten.

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